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Gemeinschaftsprojekte in Bestandshäusern:

Von der Idee bis zur Umsetzung

 

Drei Gruppen von Mitbewohnern

Aus Erfahrung weiß man, dass es bei Gemeinschaftsprojekten jeweils drei Gruppen von Mitbewohner gibt.

• Die erste Gruppe ist an dem Thema interessiert und bereit, sich persönlich dafür zu engagieren und einzubringen.

• Die zweite Gruppe ist neutral, will sich zunächst persönlich nicht einbringen, ist aber auch nicht dagegen.

• Die dritte Gruppe steht dem Projekt aus ganz unterschiedlichen Gründen kritisch bis ablehnend gegenüber.

Wie groß die jeweiligen Gruppen im Haus sind, kann ganz unterschiedlich sein und sagt zunächst einmal wenig über die Chancen der Verwirklichung aus. Es sei denn, die Bewohner sind mehrheitlich von vornherein gegen jegliche Neuerungen und Veränderungen, aber das ist zum Glück nur sehr selten der Fall.

Auch eine große Gruppe von „Neutralen“ kann man möglicherweise mit den richtigen Argumenten und vor allem der richtigen Ansprache überzeugen, bei der Abstimmung für das Projekt zu stimmen.

Bei der dritten Gruppe braucht es viel „psychologisches Fingerspitzengefühl“, bestehende Ängste abzubauen, falsche Informationen zu widerlegen, Lösungen anzubieten, wenn es objektive Hinderungsgründe gibt, und vor allem viel wertschätzende Kommunikation.

 

Ungefähre Analyse des „Mitmachpotenzials“

Junge Leute und Familien mit Kindern haben oft ein großes Interesse, sich einzubringen und bei der Umsetzung mitzuhelfen. Mit zunehmendem Alter werden das Interesse und die Möglichkeiten, sich persönlich zu engagieren, geringer. „Frischgebackene“ Pensionisten haben möglicherweise wieder ein großes Interesse, ausreichend Zeit, viel Energie und Lebenserfahrung, um sich besonders effektiv einbringen zu können! Noch Ältere sind vermutlich, auch durch den verkürzten Lebenshorizont und die finanzielle Lage, nicht mehr an einer „Veränderung“ interessiert.

Achtung:
„Ausnahmen gibt es immer, und es macht Sinn,
diese wahrzunehmen!!!“

 

Je jünger die Bewohner des Hauses sind, desto größer ist vermutlich die Chance, dass sich eine Gruppe bildet, die das Projekt gemeinsam angehen will. Hier ist die Aufgabe zu lösen, dass man sich gemeinsam auf Ziele und Vorgehensweisen einigt, aufteilt, wer was macht und wie das jeweils erarbeitete Know-how der Gruppe vermittelt wird. Es gilt „Gemeinsam ist man stärker“, man muss nur aufpassen, dass nicht zu viel Energie für Abstimmungen innerhalb der Gruppe verbraucht wird.

Es kann aber auch sein, dass die Struktur innerhalb des Hauses und damit die Bereitschaft, sich zu beteiligen, so ungünstig ist, dass man als Initiator für längere Zeit als „Einzelkämpfer“ allein bleibt. Dann braucht man „einen langen Atem“, sehr viel Energie und Einsatzfreude, große Frustrationstoleranz und Beharrungsvermögen.

Alle notwendigen Informationen zusammenzutragen, erfordert viel Zeit:

Technisches Know-how

Um mit den „Experten“ der Planungsfirmen auf Augenhöhe reden zu können, braucht es viel technisches Know-how, auch damit man deren Vorschläge hinterfragen kann. „Das wird gerne genommen“ oder „das machen wir immer so“ ist für dieses eine Haus bei weitem nicht gut genug! Bei den eingesetzten Technologien gibt es ständig wichtige Innovationen, die den Wirkungsgrad steigern oder die Kosten senken können. Manchmal stellt sich auch heraus, dass die Planungsfirma einfach technisch nicht auf dem letzten Stand ist.

Auskennen mit rechtlichen Fragen

Um so ein komplexes Projekt erfolgreich umzusetzen, braucht es viel Know-how über den aktuellen Stand der Gesetzgebung. Welche Auflagen und Vorschriften muss man beachten, welche Förderungen, Unterstützungen und Informationsstellen gibt es? Österreich ist ein föderalistisches Land, und oft gibt es unterschiedliche Regelungen auf Bundesebene und in den einzelnen Bundesländern.

Organisation

Für die Umsetzung braucht es Organisation. Für manche Lösungen ist eine bestehende Rechtsform ausreichend, zum Beispiel reicht für eine Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage (GEA) die bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) aus. Manchmal ist es nötig, eine eigene Rechtsform zu bilden. Zum Beispiel ist für eine Erneuerbare Energiegemeinschaft (EEG) die Gründung eines Vereins oder einer Genossenschaft erforderlich.

Erweiterung der Teilnehmerzahl

Auch der Zeitpunkt, wann weitere Miteigentümer und -bewohner in das Projekt einbezogen werden, kann ganz unterschiedlich sein.

In manchen Häusern funktioniert die Kommunikation unter den Nachbarn gut, und ein geplantes Projekt spricht sich schnell herum. Dann ist es einfach, durch Gespräche und Aushänge das Vorhaben bekannt zu machen und schon im Vorfeld die Stimmung auszuloten. Wie viele Mitbewohner sehen das Projekt positiv und sind grundsätzlich dafür? Wer ist eher nicht so positiv eingestellt, und wer ist dagegen? Wenn man miteinander redet, findet man schnell heraus, wo „der Schuh drückt“ und kann mögliche Bedenken mit guten Argumenten möglicherweise ausräumen.

In anderen Häusern gibt es wenig bis gar keine Kommunikation mit den Hausparteien. In solchen Fällen ist es vielleicht sinnvoller, zunächst die Zusammenarbeit mit der Hausverwaltung zu suchen. Diese sollte über Basisinformationen der Bewohner verfügen und zumindest über deren Kontaktdaten verfügen. Die Hausverwaltung kann helfen, ein Planungsbüro für ein Sanierungskonzept zu finden oder zumindest die Mittel dafür bereitzustellen. Man muss allerdings bedenken, dass eine Hausverwaltung immer im Sinne aller Bewohner handeln muss und nur begrenzte Zeit hat, sich um ein solches Projekt zu kümmern. Die Hauptlast liegt auf jeden Fall bei den Initiatoren!

Unterstützung von Außen

Wenn man als Initiator wenig bis gar keine Unterstützung im Haus findet, ist das noch lange kein Grund aufzugeben. Auch außerhalb kann man Unterstützung finden. Es gibt in Wien mehrere Institutionen wie die HAUSKUNFT oder das Kompetenzzentrum Erneuerbare Energie, bei denen man sich beraten lassen und Informationen holen kann. In Wien gibt es auch ständig Veranstaltungen zum Thema Energiewende. Für Berufstätige und Eltern ist dies vermutlich kein hilfreicher Tipp, aber zum Beispiel für die „frischgebackenen“ Pensionisten ein Weg, sich zusätzlich zu informieren und ihr Netzwerk zu erweitern. Das Internet ist natürlich auch eine Fundgrube für vielerlei Informationen und beantwortet fast alle Fragen, jetzt mit Hilfe von KI sogar noch kompetenter.

Was zur Zeit noch fehlt oder was ich zumindest noch nicht gefunden habe, ist die Möglichkeit zum Austausch und die Vernetzung mit anderen Initiatoren.

Vorbereitung der Hausversammlung

Spätestens bei einer Hausversammlung wird das vorgeschlagene Projekt breiter diskutiert. Es ist also wichtig, dass möglichst viele Eigentümer zu dieser Besprechung kommen. Die Einladung der Hausverwaltung sollte die Bewohner schon vorinformieren, worum es bei der Versammlung geht. Mit Aushänge im Haus, eventuellen „Hausbesuche“ bei den Nachbarn, einem Informationsstand im Hof mit Foldern und der Möglichkeit Fragen zu stellen und Bedenken zu äußern, können die Initiatoren ihr Projekt bestmöglich vorbereiten. Man kann auch Informationen im Internet zur Ansicht und zum Download zur Verfügung stellen und wichtige Links posten, ein Rundschreiben per E-Mail aussenden oder sogar einen Newsletter verschicken.

Hausversammlung

Die Hausversammlung sollte gut vorbereitet werden. Die Hausverwaltung übernimmt dabei vermutlich die Moderation und bringt ihr Wissen ein. Das Planungsbüro stellt wahrscheinlich die technische Umsetzung des Projekts vor und liefert die notwendigen Zahlen. Die Initiatoren sollten vor allem darüber informieren, was der Nutzen des Projekts für die Bewohner des Hauses ist, welche Überlegungen aus der Sicht der Eigentümer in die Planung eingeflossen sind, welche Bedenken schon im Vorfeld berücksichtigt wurden und wie versucht wurde, diese auszuräumen. Auch bei der anschließenden Diskussion ist es wichtig, dass die Initiatoren die Seite der Bewohner des Hauses kompetent vertreten können. Man muss jedoch nicht auf alle Fragen und Gegenargumente eine Antwort haben. Manchmal ist es auch für den Fragenden in Ordnung, wenn er sich wahrgenommen fühlt, seine Bedenken ernst genommen werden und die Antwort gut recherchiert nachgeliefert wird.

Wenn es die erste Möglichkeit zu einer breiteren Information der Miteigentümer ist, sollte man noch keine Abstimmung am Ende der Veranstaltung planen. Vielleicht kommen in der Diskussion von den Anwesenden wichtige Anregungen, die, wenn man das Projekt dahingehend adaptiert, verbessert und die Zustimmung erhöht.

Durch Handzeichen kann man jedoch abfragen, welche Lösungsvorschläge die meisten Zustimmung finden, wo das Projekt ergänzt und überarbeitet werden muss und welche Vorschläge relativ wenig Zustimmung erhalten oder sogar auf Widerstand stoßen.

Abstimmung

Wenn alle Anregungen und Einwände bei der Überarbeitung des Projekts berücksichtigt sind, kann man entweder erneut eine Hausversammlung, diesmal mit Abstimmung, einberufen oder auch eine schriftliche Abstimmung durchführen. Je nach Stimmung im Haus sollte man als Initiator die Zeit zwischen der Hausversammlung und der Abstimmung nutzen, um umfassendere Informationen bereitzustellen und in vertiefenden Diskussionen Bedenken abzubauen.

Weitere Vorgehensweise

Ein Ergebnis der Hausversammlung kann sein, dass man ein großes Projekt zur thermischen Sanierung und Umstellung der Haustechnik mit erneuerbaren Energien in mehrere kleinere Projektschritte unterteilt. Zum Beispiel kann zunächst die thermische Sanierung durchgeführt werden, um die Heizkosten zu senken.

Erst wenn man dann in den folgenden Heizperioden Erfahrungen über den tatsächlichen Verbrauch und den neuen Heizbedarf sammeln kann, ist es möglich, die neue Heizung richtig zu dimensionieren. Im Energieausweis werden teilweise Annahmen verwendet und mit Formeln hochgerechnet, diese Werte können jedoch erheblich von dem tatsächlichen Energiebedarf des Hauses abweichen.

Ob man eine PV-Anlage eher im Zusammenhang mit der Heizung sieht und erst beauftragt, wenn von Gas oder Öl zum Beispiel auf eine Wärmepumpe und Erdsonden umgestellt wird, oder ob man die dezentrale Warmwasserbereitung mit Strom aus der Solaranlage betreibt und vorziehen kann, hängt wahrscheinlich vor allem von den finanziellen Möglichkeiten der Eigentümer ab. Eine zeitliche Streckung ermöglicht es vielleicht, die Reparaturreserve wieder soweit aufzufüllen, um sich die nächsten Investition leisten zu können.